Anziehung und Angst, Zähmung und Ausrottung. Mit der Notwendigkeit, sich neu zur Natur zu stellen, die gemeinsame Verletzlichkeit zu erfahren, eine Kultur des Lebendigen zu entwickeln, wird auch die Mensch-Tier-Beziehung neu diskutiert. Gewalt ist ein wesentlicher Aspekt. Spiegelung ein anderer. Einverleiben und Verkleiden. Im Blick, der auf Tieren ruht, liegt der Unterschied. Der direkte Blick in die Augen, so Thomas Macho, ein menschliches Zeichen der Suche nach Verstehen und Nähe, sei für das tierliche Gegenüber eine Bedrohung.*
Und so ist es auch der konfrontative Blick der Affen in den Zeichnungen von Veronika Hauer, der das weite kulturhistorische, gesellschaftspolitische und emotionale Spektrum des Umgangs mit dem Andersartigen eröffnet – gerade am Beispiel uns so nahestehender Wesen. Am Fachbegriff des Enrichment fächert sie ihre Bezugspunkte zur Tierhaltung mit und als Unterhaltung auf. Aus fein schraffierten oder gemusterten Segmenten in Tusche oder Farbstift lässt die Künstlerin die Gesichter von Affen entstehen. Orphismus, Kubismus oder Futurismus bilden kunsthistorische Anleihen für die Ausdehnung in vielfache Raumdimensionen und Multiperspektivität, wie sie die Arbeit insgesamt prägt. Aus Objekten der Zoohaltung und kulturhistorischem Bildmaterial entwickelt die Künstlerin irritierende Objekte. All diese inneren und äußeren Bildwelten mischt sie wie Spielkarten, als eine Serie möglicher Sets. Thema ist vor allem die ästhetische Unterwerfung des Tierlichen, eine Zähmung zugunsten der Schaulust, vom gewaltsamen Verkleiden ins sündenbockhafte Allzumenschliche bis hin zum Schematisieren rankender Affenkörper, die sich so gut für Dekor und Verniedlichung eignen. Als Zwischentöne lässt die Künstlerin aber auch die positiven Aspekte einer Bereicherung anklingen. Denn statt die Ausstellung von Tieren zu replizieren, zeichnet sie jene Begegnung auf Augenhöhe vor, wie sie mit einer neuen Ethik im Umgang mit Lebewesen, bis hin zu einem eigenen Rechtsstatus, entstehen könnte.
*Thomas Macho, Warum wir Tiere essen, Molden Verlag, Wien–Graz 2022, S. 68.